Allgemeines
Die Ehegatten leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, sofern sie in einem notariellen Ehevertrag nichts Abweichendes vereinbart haben. Bei der Zugewinngemeinschaft behält jeder Ehegatte sein eigenes Vermögen; auch wenn er dieses nach der Eheschließung hinzuerworben hat, handelt es sich entgegen einer weitverbreiteten landläufigen Meinung nicht um gemeinschaftliches Vermögen. Es gibt daher auch keine Haftung für Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten, es sei denn, eine solche ist vertraglich übernommen worden.
Während der Ehe verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbst, Verfügungen hierüber kann er auch ohne Zustimmung des anderen Ehegatten vornehmen, sofern nicht das gesamte oder nahezu gesamte Vermögen (je nach Größe des Vermögens mindestens 85 % - 90 %) betroffen ist.
Bei Scheitern der Ehe besteht ein Anspruch auf Zugewinnausgleich, der von dem Anspruchsberechtigten geltend zu machen ist. Hierdurch wird der während der Ehe erworbene Vermögenszuwachs ausgeglichen, womit erreicht werden soll, dass jeder Ehegatte die Hälfte des gemeinsam erwirtschafteten Vermögens erhält.
Berechnung des Zugewinnausgleichs
Maßgeblich für die Berechnung des Zugewinnausgleichs ist grundsätzlich der Vermögenszuwachs, den die Ehegatten zwischen dem Tag der Eheschließung und dem Tag der Zustellung des Scheidungsantrages (sog. Stichtag) erzielt haben. Dieser Zugewinn wird für jeden Ehegatten getrennt ermittelt, indem das jeweilige Endvermögen zum Stichtag von dem jeweiligen Anfangsvermögen bei Eheschließung in Abzug gebracht wird. Zugewinnausgleichspflichtig ist die Hälfte der Differenz des beiderseits erzielten Zugewinns.
Hierzu folgendes vereinfachtes Berechnungsbeispiel:
Die Ehefrau verfügt am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages über ein Endvermögen von 300.000,00 €. Ihr Anfangsvermögen bei Eheschließung betrug 100.000,00 €, so dass sie einen Zugewinn von 200.000,00 € erwirtschaftet hat.
Das Endvermögen des Ehemannes beläuft sich auf 200.000,00 €, sein Anfangsvermögen lag bei 50.000,00 €, so dass er einen Zugewinn von 150.000,00 € erzielt hat.
Die Differenz des beiderseitigen Zugewinns beträgt 200.000,00 € ./. 150.000,00 € = 50.000,00 €. Folglich hat die Ehefrau Zugewinnausgleich in Höhe von 50.000,00 € : 2 = 25.000,00 € an den Ehemann zu zahlen.
Damit haben beide Ehegatten während der Ehezeit einen Vermögenszuwachs von 175.000,00 € erzielt.
Endvermögen
Maßgeblicher Stichtag für die Berechnung des Endvermögens ist im Scheidungsfall grundsätzlich der Tag der Zustellung des Scheidungsantrages (sog. Rechtshängigkeit). Hierbei gilt ein strenges Stichtagsprinzip, d. h. Abweichungen, auch wenn es sich nur um einen Tag handelt, sind nicht hinzunehmen.
Nicht selten ist zu beobachten, dass der Versuch unternommen wird, den gesetzlichen Stichtag zu manipulieren, um sich hierdurch wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Dies kann beispielsweise durch eine verfrühte Einreichung des Scheidungsantrages vor Ablauf des Trennungsjahres geschehen. In einem solchen Fall sollten sofortige Gegenmaßnahmen in Erwägung gezogen werden
Illoyale Vermögensminderungen
Dem Endvermögen können nicht mehr zum Stichtag vorhandene Vermögenswerte hinzugerechnet werden, wenn sie darauf zurückzuführen sind, dass ein Ehegatte in den letzten 10 Jahren vor Beendigung des Güterstandes illoyale Handlungen vorgenommen hat, die zu einer Verkürzung des Ausgleichsanspruchs des anderen Ehegatten geführt haben.
Das Gesetz führt hierzu in § 1375 II BGB drei Fallgruppen auf:
- Unentgeltliche Zuwendungen, die nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen haben
- Vermögensverschwendung
- Vornahme von Handlungen in der Absicht, den anderen Ehegatten zu benachteiligen.
Ist das Endvermögen eines Ehegatten geringer als das Vermögen, das er in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegeben hat, muss er im Zweifelsfall beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf eine der vorgenannten Handlungen zurückzuführen ist, § 1375 II BGB.
Gelingt dem betroffenen Ehegatten dieser Beweis nicht, wird der Betrag der Vermögensminderung seinem Endvermögen fiktiv hinzugerechnet.
Anfangsvermögen
Beim Anfangsvermögen ist der Wert des Vermögens am Tag der Eheschließung maßgeblich. Genauso wie beim Endvermögen gilt hier ein strenges Stichtagsprinzip.
Negatives Anfangsvermögen liegt vor, wenn ein Ehegatte bei Eheschließung über höhere Verbindlichkeiten als positive Vermögenswerte verfügt. Werden diese Schulden während der Ehe getilgt, kann sich hieraus ebenfalls ein Zugewinnausgleichsanspruch des anderen Ehegatten ergeben.
Hinzurechnungen zum Anfangsvermögen
Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, sind dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen, § 1374 II BGB. Es handelt sich hierbei um sogenannten privilegierten Erwerb, der dem Zugewinnausgleich entzogen ist. Damit soll verhindert werden, dass Vermögenswerte, die in keinem Zusammenhang mit der Ehe stehen, einen Anspruch auf Zugewinnausgleich auslösen.
Wenn allerdings ein privilegierter Vermögensgegenstand noch am Endstichtag vorhanden ist, muss er sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen aufgeführt werden. Dies hat zur Folge, dass während der Ehe eingetretene Wertsteigerungen zugewinnausgleichspflichtig sind. Je nach Dauer der Ehe können hierdurch insbesondere bei Immobilien, Wertpapieranlagen, Firmenbeteiligungen etc. ganz erhebliche Ausgleichsansprüche entstehen.
In einem vorsorgenden Ehevertrag kann vereinbart werden, dass bestimmte Vermögensgegenstände weder bei der Berechnung des Anfangs- noch des Endvermögens berücksichtigt werden. Damit sind auch die bei diesen Vermögenswerten eingetretenen Wertsteigerungen nicht zugewinnausgleichs-pflichtig.
Inflationsbereinigung des Anfangsvermögens
Bei dem Vergleich von Anfangs- und Endvermögen muss der laufenden Inflation Rechnung getragen werden. Hierbei wird das gesamte Anfangsvermögen nach dem Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes indexiert und auf den Geldwert des Endvermögens hochgerechnet.
Auskunfts- und Beleganspruch
Damit Ansprüche auf Zugewinnausgleich ermittelt werden können, stehen den Ehegatten umfassende Auskunfts- und Belegansprüche zur Seite. Danach ist jeder Ehegatte auf Verlangen verpflichtet, Auskunft zu erteilen über:
- das Anfangsvermögen zum Zeitpunkt der Eheschließung
- das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung
- das Endvermögen zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages.
Zur Erfüllung des bestehenden Auskunftsanspruchs sind geordnete systematische Vermögensverzeichnisse mit allen aktiven und passiven Vermögenswerten vorzulegen. Ferner sollte darauf bestanden werden, dass sämtliche Angaben durch stichtagsbezogene Nachweise zu belegen sind.
Bewertung einzelner Vermögensgegenstände
Für die Bewertung des Endvermögens nach § 1376 II BGB ist der objektive Wert (Verkehrswert) der Vermögensgegenstände maßgeblich. Grundsätze darüber, nach welcher Methode dies im Einzelnen zu geschehen hat, enthält das Gesetz mit Ausnahme der in § 1376 IV BGB genannten landwirtschaftlichen Betriebe nicht. Die Bewertungsproblematik wird häufig von den betroffenen Ehegatten unterschätzt oder es werden allein um Kosten zu sparen unbrauchbare Kurzgutachten von zweifelhaften Sachverständigen eingeholt, die dann die Grundlage für den Zugewinnausgleich bilden. Dies kann zu einer erheblichen Verkürzung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich führen, weshalb hiervon dringend abzuraten ist.
Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die Bewertungsproblematik bei einzelnen Vermögensgegenständen gegeben werden, wobei insbesondere bei der Unternehmensbewertung ein hierauf spezialisierter Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden sollte.
Aktienoptionen / Stock Options
Viele Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern Aktienoptionen zum Erwerb an.
Diese werden insbesondere an leitendende Angestellte des Unternehmens als zusätzliche Gratifikation zum Gehalt ausgegeben. Sie verbürgen das Recht, Aktien des Unternehmens zu einem vorher festgelegten Preis (Optionspreis) innerhalb eines bestimmten Zeitraums zu erwerben. Steigt der Aktienkurs über den Optionspreis, kann der Arbeitnehmer entweder die Aktien zum vereinbarten kaufen oder sich die Differenz zwischen dem Optionspreis und dem aktuellen Börsenkurs auszahlen lassen (sog. Barausgleich).
Ob es sich hierbei überhaupt um einen dem Zugewinnausgleich unterliegenden Vermögenswert oder unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen handelt, ist umstritten und in jedem Einzelfall vorab zu klären.
Sofern die Aktienoptionen dem Zugewinnausgleich unterliegen, ist im Wege der Schätzung eine Bewertung vorzunehmen. Hierbei spielt die Wahrscheinlichkeit der Ausübung des Optionsrechts eine entscheidende Rolle. Je höher die Differenz zwischen Aktienkurs und dem zu zahlenden Optionspreis ausfällt, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Aktienoption auch tatsächlich ausgeübt wird. In einem solchen Fall kann der Aktienkurs zum Stichtag abzüglich des zu zahlenden Optionspreises angesetzt werden. Der Risikoabschlag für die Nichteinlösung der Aktienoption dürfte in diesem Fall zu vernachlässigen sein.
Der zum Stichtag ermittelte Wert der Aktienoptionen ist des Weiteren um die spätestens bei Ausübung anfallende Steuerlast zu bereinigen. Mitarbeiteraktienoptionen stellen einen steuerpflichtigen Sachbezug dar, der der Einkommensteuer unterliegt. Die Höhe der anfallenden Steuern ist zu schätzen.
Anwartschaftsrechte
Unter Anwartschaftsrechten versteht man die Vorstufe zur Erlangung eines Volleigentums. Diese gehören zu den ungewissen bzw. unsicheren Rechten i. S. d. § 2313 BGB. Sofern sich bereits ein bestimmter Wert feststellen lässt, was im Einzelfall zu überprüfen ist, werden sie beim Zugewinnausgleich berücksichtigt.
Der Wert des Vollrechts ist in Ansatz zu bringen, wenn am Stichtag bereits feststeht, dass die Anwartschaft zum Vollrecht erstarkt.
Freiberuflerpraxis
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH erfolgt die Ermittlung des Wertes einer freiberuflichen Praxis grundsätzlich in mehreren Schritten. Zu ermitteln ist der Substanzwert und der Goodwill unter Berücksichtigung des individuellen Unternehmerlohns und der latenten Steuerlast (vgl. BGH v. 09.02.2011, Az.: XII ZR 40/09).
Daneben sind bei einzelnen freien Berufen die Richtlinien der jeweiligen Standesorganisationen zu berücksichtigen, beispielsweise bei der Bewertung von Arztpraxen, Steuerberaterpraxen und Anwaltskanzleien.
Hinweise der Bundesärztekammer zur Bewertung von Arztpraxen:
http://www.bundesaerztekammer.de/aerzte/versorgung/ambulant/bewertung-von-arztpraxen/
Hinweise der Bundessteuerberaterkammer zur Bewertung von Steuerberaterpraxen:
http://www.iww.de/pfb/archiv/praxisbewertung-hinweise-der-bundessteuerberaterkammer-f27994
Hinweise der Bundesrechtsanwaltskammer zur Bewertung von Anwaltskanzleien:
https://www.brak.de/w/files/01_ueber_die_brak/Kanzleibewertung_2009.pdf
Apotheken können abweichend von den o. g. Grundsätzen für die Bewertung von Freiberuflerpraxen aber auch nach dem Umsatzverfahren bewertet werden, bei dem auf den durchschnittlichen Jahresumsatz abzustellen ist und Abschläge / Zuschläge aufgrund des Umfeldes, der Konkurrenzsituation, Lage usw. gemacht werden können.
Bei einem Architekturbüro ist in der Regel kein Goodwill vorhanden, weil die persönlichen Leistungen des Inhabers, die durch den künstlerischen Charakter der Architekturleistung geprägt sind, im Vordergrund stehen. Der Wert eines Architekturbüros beschränkt sich danach in der Regel auf den Substanzwert. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Architekt überwiegend mit der Leitung und Überwachung von Bauvorhaben beschäftigt ist oder eine Vielzahl gleicher Objekte für einen Bauträger zu betreuen hat.
Grundstücke / Immobilien
Grundstücke sind mit ihrem vollen wirklichen Wert, auch Verkehrswert genannt, beim Zugewinnausgleich zu berücksichtigen. Wenn sich die Ehegatten über den Wert der Immobilie nicht einigen können, bietet es sich zunächst an, eine sog. Marktpreiseinschätzung eines qualifizierten Immobilienmaklers einzuholen, der die Verhältnisse vor Ort kennen sollte.
Führt auch das nicht zum Erfolg, können die Ehegatten einen Sachverständigen mit der Wertermittlung beauftragen, wobei allerdings beachtet werden sollte, dass das Gutachten des Sachverständigen für die Berechnung des Zugewinnausgleichs nur dann bindend ist, wenn eine entsprechende Schiedsvereinbarung notariell beurkundet wurde.
Andernfalls besteht die Gefahr, dass ein sich benachteiligt fühlender Ehegatte das eingeholte Gutachten schlicht nicht anerkennt und der Grundstückswert sodann in einem gerichtlichen Verfahren erneut ermittelt werden muss.
In einem solchen Verfahren hat der Richter dem Sachverständigen die Bewertungsmethode vorzugeben, was in der Praxis allerdings häufig übersehen wird. Nach der einschlägigen Wertermittlungsverordnung können zur Ermittlung des Verkehrswertes das Vergleichswertverfahren, das Sachwertverfahren oder das Ertragswertverfahren, ggf. aber auch mehrere dieser Verfahren herangezogen werden.
Das Vergleichswertverfahren nimmt als Maßstab die Kaufpreise vergleichbarer Grundstücke. Da eine echte Vergleichbarkeit jedoch kaum jemals wirklich gegeben sein dürfte, wird das Vergleichswertverfahren in der Regel nur als ergänzende Bewertungsmethode verwandt.
Beim Sachwertverfahren wird der Bodenwert und der Bauwert, d. h. die gewöhnlichen Herstellungskosten je Kubikmeter umbauter Raum zugrunde gelegt.
Die Bodenrichtwerte für Nordrhein-Westfalen können unter www.boris.nrw.de abgerufen werden.
Das Ertragswertverfahren stellt auf den Bodenwert und den nachhaltig erzielbaren Reinertrag ab, wodurch der Wert der baulichen Anlagen kapitalisiert wird. Dieses Verfahren kommt häufig bei Renditeobjekten zur Anwendung.
Von dem so ermittelten Verkehrswert sind latente Spekulationssteuern in Abzug zu bringen, sofern das Grundstück innerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist verkauft werden soll, vgl. § 23 I 1 Nr. EStG.
Lebensversicherungen
Lebensversicherungen unterliegen dem Zugewinnausgleich, wenn sie auf die Zahlung eines Kapitalbetrages gerichtet sind und es sich nicht um ein Anrecht nach dem Betriebsrentengesetz oder um zertifizierte Anrechte nach dem Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetz handelt (insbesondere Direktversicherungen des Arbeitgebers).
Für die Bewertung einer Lebensversicherung ist nicht der Rückkaufswert sondern der sogenannte Fortführungswert maßgeblich, wenn die Lebensversicherung fortgeführt wird. Die bei Fortführung der Lebensversicherung anfallenden Gewinnanteile erhöhen den Rückkaufswert i. d. R. um rd. 8 %.
Auf die Ermittlung des Fortführungswertes besteht ein Rechtsanspruch, der notfalls gerichtlich durchzusetzen ist.
Von dem so ermittelten Wert der Lebensversicherung ist eine latente Steuerlast - soweit vorhanden - in Abzug zu bringen.
Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen
In beiden Fällen ist immer zuerst der Wert des gesamten Unternehmens zu ermitteln. Im Fall einer Unternehmensbeteiligung, wie etwa einem KG-Anteil oder einem GmbH-Anteil muss erst im Anschluss geklärt werden, welcher Anteil des Unternehmens auf den betreffenden Ehegatten entfällt.
Bei der Unternehmensbewertung im Rahmen des § 1376 BGB ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der „wahre und wirkliche Wert“ zu ermitteln. Eine von der Rechtsprechung allgemein anerkannte Bewertungsmethode gibt es nicht. Grundsätzlich obliegt es dem Tatrichter, dem Sachverständigen die jeweilige Bewertungsmethode vorzugeben.
Jedoch haben sich je nach Art des zu bewertenden Unternehmens bestimmte Maßstäbe allgemein herauskristallisiert. Für gewerbliche Unternehmen geht der für die wirtschaftsprüfenden Berufe maßgebliche IDW-Standard von der Vorrangigkeit der Ertragswertmethode aus. Danach wird der Wert des Unternehmens allein aus seiner Eigenschaft abgeleitet, finanzielle Überschüsse (Gewinne) für den/die Unternehmenseigner zu erwirtschaften.
Der Unternehmenswert ist somit das Kapital, welches unter Annahme eines bestimmten Zinsfußes benötigt wird, um die prognostizierten künftigen Unternehmenserträge zu erwirtschaften.
Bei der Ertragswertmethode geht man gedanklich in folgenden Schritten vor:
- Aus der Analyse des Unternehmensertrages der vergangenen fünf Jahre vor dem Stichtag wird der in Zukunft nachhaltig erzielbare Gewinn extrapoliert (Gewinnprognose), von dem dann noch der kalkulatorische Unternehmerlohn in Abzug zu bringen ist.
- Der anzuwendende Kapitalisierungszinsfuß wird ermittelt.
- Der Unternehmenswert errechnet sich dann - vereinfacht - nach der Formel:
Ertragswert = durchschnittlicher, nachhaltig erzielbarer Zukunftsgewinn
Kapitalisierungszinsfuß
Beispiel: der nachhaltig erzielbare Durchschnittsgewinn ist 100.000,00 EUR,
der Kapitalisierungszinsfuß ist 8%. Ertragswert somit:
100.000,00 EUR :8 / 100 = 1.250.000,00 EUR
Dieses Beispiel verdeutlicht, dass der Unternehmenswert maßgeblich von dem Kapitalisierungszinssatz abhängt. Je höher der Kapitalisierungszinssatz desto niedriger der Ertragswert, das heißt:
- der kapitalisierte, in eine Geldsumme umgerechnete Wert der mit dem Unternehmen erzielbaren Nutzungen und Erträge
- Barwert der zukünftigen Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben („ewige Rente“)
- Barwert aller künftigen entnahmefähigen Erträge
- Summe aller auf den Bewertungsstichtag abgezinsten zukünftigen Erfolge (Barwerte), die man mit dem Unternehmen im Laufe seiner Existenz noch erwirtschaften kann.
Hinsichtlich des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens ist jedoch grundsätzlich der Liquidationswert anzusetzen, der in der Regel die Untergrenze für die Bewertung von Unternehmen und Beteiligungen darstellt.
Im Übrigen hält der Bundesgerichtshof daran fest, dass der „volle, wirkliche Wert“ um die latente Steuerlast zu mindern ist, das heißt der Verkaufsfall wird fingiert, ohne dass es darauf ankommt, ob der Vermögensgegenstand weiterhin im Vermögen bleibt oder tatsächlich veräußert wird (vgl. BGH NJW 2011, 2572).
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat im Jahr 2017 einen neuen Standard, den IDW S 13 verabschiedet, der sich mit Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung zur Bestimmung von Ansprüchen im Familien- und Erbrecht befasst. Darin wurde u. a. klargestellt, dass sich die Höhe des kalkulatorischen Unternehmerlohns nach der marktüblichen Vergütung einer nicht beteiligten Unternehmensleitung bestimmt, welche den zeitlichen Arbeitseinsatz sowie die individuellen Kenntnisse berücksichtigt. Unberücksichtigt bleiben dagegen die persönlichen Leistungen des Eigentümers, die nicht auf den Erwerber übertragbar sind, diese haben also keinen Einfluss auf den kalkulatorischen Unternehmerlohn sondern reduzieren die übertragbaren Bestandteile der Ertragskraft.
Des Weiteren enthält der neue IDW S 13 wichtige Ausführungen zur Berücksichtigung eines abschreibungsbedingten Steuervorteils. Bei der im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu unterstellenden Veräußerungsfiktion ist im Einzelfall zu prüfen, ob sich bei einem fiktiven Erwerb aus der Aufdeckung stiller Reserven ein zusätzliches Abschreibungspotential beim Erwerber ergibt. In diesem Fall ist der abschreibungsbedingte Steuervorteil beim Erwerber werterhöhend zu berücksichtigen.
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