Fiktives Einkommen des an Depressionen erkrankten Unterhaltsgläubigers

Das OLG Hamm weist in einer Entscheidung vom 13.02.2012 darauf hin, dass die Zurechnung fiktiver Einkünfte auch bei einem an Depressionen erkrankten Unterhaltsgläubiger in Betracht kommt, wenn erforderliche Therapiemaßnahmen in vorwerfbarer Weise nicht durchgeführt werden:

Wenn der Kläger alle ihm zumutbaren Maßnahmen unternommen hätte, um seine Erwerbstätigkeit wieder herzustellen, hätte er ab Januar 2011 wieder vollschichtig arbeiten können. Ihn traf insoweit eine Obliegenheit, alle zumutbaren Mitwirkungshandlungen zu unternehmen, um seine Krankheit behandeln zu lassen. Diese Verpflichtung zur Wiederherstellung seiner Gesundheit hat der Kläger verletzt. Die Darlegungs- und Beweislast trägt insoweit der Kläger. Zweifel gehen deshalb zu seinen Lasten.

Die Bemühungen des Klägers, einen Therapieplatz zu finden, genügen nicht den Anforderungen. Es reicht nicht aus, sich lediglich überwiegend telefonisch an die Therapeuten zu wenden, auf den Anrufbeantworter zu sprechen bzw. auf einen Rückruf zu warten. Der Kläger hätte in der Praxis vorsprechen können und in den Fällen, in denen kein Ansprechpartner vorhanden war, ggf. warten müssen. Darüber hinaus hätte sich der Kläger auch an seinen Hausarzt oder die Krankenkasse wenden können. Dies hat der Kläger vorwerfbar unterlassen, so dass ihm ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit zuzurechnen ist.

Der Kläger könnte nach Auffassung des Gerichts als Pförtner, im Wachdienst oder als Hausmeister arbeiten und hierbei ein Bruttoeinkommen von rund 1.635,00 € erreichen (173,9 Stunden x 9,40 €), woraus sich ein Nettoeinkommen von rund 1.100,00 € errechnet.

In dem entschiedenen Fall ergab sich hieraus eine deutliche Reduzierung des Unterhaltsanspruchs.

OLG Hamm, Urteil vom 13.02.2012, Az. II-6 UF 176/11